Gequält seufzt die Designer*innenseele auf, wenn es bei einer Medienproduktion mal wieder heißt: „Ah, let’s do it in the post…“ – denn dann wissen sie, dass wieder Stunden von fummeliger Digitalarbeit auf sie lauern, die ihnen kaum jemand sonderlich dankt, und bei der sie alle Fehler und Schludrigkeiten aus der Produktion in der Post-Produktion ausmerzen sollen. Doch bei jüngsten Musikentwicklungen verläuft dieser Prozess anders. Einige Mastering Engineers haben eine solche Meisterschaft in der Post-Produktion entwickelt, dass sie eigens für ihr Signature Mastering angefragt werden, weil ihre Bearbeitungen der Produktion in der Post-Produktion erstere auf ein besonderes Qualitätslevel zu heben vermag.

Seit ein paar Jahren ist vor allem bei besonders basslastigen Musikstilen wie (Dirty) Grime, (Post) Dubstep, Trap, Juke, BlipHop, Future Bass sowie Drum & Bass aber auch der Sound Art der Versuch zu beobachten, Musik eine neue Körperlichkeit via Sound zu verschaffen, über Pitching, Bässe und Subbässe einerseits, über neue Klangräumlichkeiten andererseits. Diejenigen, die diese klangliche Präsenzsteigerung neben den Musiker_innen besorgen, tauchen vermehrt nicht nur bei den Credits, sondern auch bei der Bewerbung der Schallplatten auf: „mastered and cut by…“ lautet hier die Formel, welche auf ein neues Musikbewusstsein schließen lässt, bei dem die (zeitlich gesehen) letzten, post-produktiven Schritte plötzlich ganz weit vorne stehen (relevanzmäßig).

Wer dachte, dass im Medium Vinyl klanglich alles bereits ausformuliert sei, könnte mit Veröffentlichungen beispielsweise von Overlook, Mumdance, Logos, Klein, Beatrice Dillon, Raime/Yally oder etwa jene der Labels Silent Season, Hemlock, Dom & Roland Productions und Well Rounded Dubs zu der Auffassung gelangen, dass dem nicht so sei, vielmehr Wege zu neuen, quasi-haptischen sonischen Skulpturen oder sounddesignten, kinetischen Klanglandschaften eingeschlagen worden sind, bei denen, parallel zur erheblichen Aufwertung der Post-Produktion im Film, eine sehr deutliche Aufwertung der Post-Produktion in der Musik stattgefunden hat.

Hier gilt es nun neu zu bestimmen, woher die Musik zu welchen Anteilen kommt: von den Musiker*innen, der Musiktechnik (Produktion) oder dem Mastering und Vinylcut (Post-Produktion)? Und was hat es dabei mit der Ästhetik des „Fucked Up“ auf sich, wie sie der Mastering Engineer Matt Colton nennt, eine Ästhetik, die er so zusammenfasst: „maybe it sounding wrong is better than it sounding right“.

 

 

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