Organisiert von Holger Lund (Duale Hochschule Baden-Württemberg Ravensburg, Studiengang Mediendesign), in Kooperation mit Sidney Corbett und Philipp Ludwig Stangl (Staatliche Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Mannheim)

 

Trailer von Simeon Holub, Staatliche Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Mannheim

 


 

Programm

 

12.00 Uhr
Mittagessen an den Ständen des Ravensburger Wochenmarktes (Marienplatz, Eingang Marktstraße)

 

13.00 – 22.00 Uhr
Veranstaltung im Alten Theater, Marktstraße 13-15, 88212 Ravensburg

 

13.00 – 14.30 Uhr – Seminar & Diskussion
Offenes Seminar für Studierende & Diskussion mit den Autoren der Veranstaltungspublikation – Stefan Heidenreich, Jan Kopp und Jörg Scheller – sowie den Veranstaltungsleitern Sidney Corbett, Holger Lund und Philipp Ludwig Stangl

 

15.00 – 16.30 Uhr – Film & Projektvorstellung
Screening des Films „Ghana is the future“ (Regie: Thomas Burkhalter und Peter Guyer, 2013, 30 Min.)
Thomas Burkhalter, Vorstellung des Ausstellungsprojektes „Seismographic Sounds“ (2015/2016)

 

17.00 – 18.00 Uhr – Vortrag
Cornelia Lund und Holger Lund „Toward a New Love – Gender Shifting in Contemporary Music Video“

 

18.00 – 19.00 Uhr – Abendessen im Alten Theater

 

19:00 – 19.45 Uhr – Konzert
MAP/P – Live-Performance mit Mazen Kerbaj (Sound Creation), Philip Zoubek (Sound Creation) und Philipp Ludwig Stangl (Sound Design)

 

20.00 – 22.00 Uhr – Film & Abschlussdiskussion

Screening des Films „Electro Chaabi“ (Regie: Hind Meddeb, 2013, 75 Min.)
Abschlussdiskussion mit den Autoren der Veranstaltungspublikation: Stefan Heidenreich, Jan Kopp und Jörg Scheller sowie den Veranstaltungsleitern Sidney Corbett, Holger Lund und Philipp Ludwig Stangl

 

Eintritt frei

 


 

Vorlauf und Hintergrund

 

An der DHBW Ravensburg, Studiengang Mediendesign, fand 2012 – 2014 mit einer Reihe verschiedener Formate ein Projekt mit dem Titel „Design der Zukunft“ statt. Der Titel zielt zum einen auf die Frage, wie zukünftiges Design aussehen kann. Zum anderen spielt er darauf an, dass die Zukunft an sich gestaltet werden kann, ein Doppelsinn, der bereits im Englischen „to design“ liegt, das nicht nur „gestalten“ sondern eben auch „planen“ bedeutet. 
Aus diesem Projekt ging die gleichnamige Publikation hervor.

 

 

Beobachtung und Schlussfolgerung

 

Was bei dem Projekt „Design der Zukunft“ noch nicht berücksichtigt werden konnte, war die Perspektive der Musik. Folgt man Jacques Attali, der in seinem Buch „Bruits“ (1977) die These aufstellte, dass sich in der Musik am frühesten kommende gesellschaftliche Entwicklungen abzeichnen, kann man der Musik eine seismographische, prognostische Funktion zuschreiben.
Nach Jahren des (Retro-)Stillstandes, sind seit Anfang der 2010er Jahre in der Pop-Musik und darüber hinaus innovative Entwicklungen festzustellen, mit neuen Stilen wie etwa Juke, Trap, Global Bass, Future Bass, Post-Dubstep, Neo-Noise oder Arab-Avantgarde. Was diese Stile kennzeichnet, ist ein neuartiger Umgang mit Rhythmik (v.a. parallel- und polyrhythmische Strukturen), Frequenzen (Bass) und Stimme. Letztere beispielsweise kann mittlerweile zwischen männlichem und weiblichem Klang so positioniert werden, dass ein drittes Geschlecht entsteht (so der Fall bei Planningtorock). Neue Genderkonstruktionen verweisen hier auf ein neues Bild des Menschen, das parallel in der Postbiotik entwickelt wird. Dort wird der Mensch transhuman, mit nicht-menschlichen Anteilen versehen (Nanorobotik oder Prothesen, die nicht Ersatzteile, sondern Verbesserungen bisheriger menschlicher Organe und Glieder darstellen) oder gar posthuman (die nicht-menschlichen Anteile überwiegen dann). An diesen neuen Definitionen des Menschen – trans- und posthuman – wird bereits massiv gearbeitet. Wie diese neuen Menschen untereinander und mit den bisherigen, nicht-augmentierten Menschen leben, wird tatsächlich die Frage nach New People aufwerfen. Dazu gilt es, genauer in die Musik, ihre aktuellen Strukturen und Entwicklungen hineinzuhören, um dystopische und utopische Entwürfe zu erkunden.
Das soll mit der Veranstaltung „The New People. Musik als Seismograph“ erfolgen, bei der aktuelle musikalische und musikrelationierte Tendenzen vorgestellt werden sowie über diese diskutiert wird.

Zur Veranstaltung erscheint eine Publikation, hier als *.pdf zum Download.

 

 


 

Veranstaltungsteilnehmer_innen:

 

 

Thomas Burkhalter ist Gründer und Chefredakteur von Norient, dem Network for Local and Global Sounds and Media Culture. Er arbeitet als Musikethnologe, Kurator des jährlichen Norient Musikfilm Festival, Kulturschaffender (u.a. audio-visuelle Performances «Sonic Traces: From Switzerland»), Dokumentarfilmer («Sound Translations») und Musikjournalist.

 

 

 

 

Sidney Corbett studierte Musik und Philosophie u.a. bei György Ligeti. Seit 2006 ist Corbett Professor für Komposition an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst Mannheim und ist auch Leiter des dortigen Forums für Neue Musik. Ein besonderer Schwerpunkt seiner jüngeren Arbeit liegt im Bereich des Musiktheaters, ein weiterer Schwerpunkt die Gattung Lied bzw. Vokalmusik.

 

 

 

Stefan Heidenreich

 

Stefan Heidenreich lebt und arbeitet in Berlin als Kunstkritiker und Medientheoretiker. Er forscht derzeit am Center for Digital Cultures der Universität Lüneburg. Bücher: Was verspricht die Kunst (1998/2009), Flipflop (2004), Mehr Geld (2008).
www.stefanheidenreich.de

 

 

 

Mazen Kerbaj

 

Mazen Kerbaj is a comics artist, a visual artist and a musician living in Beirut. He is also one of the founders of the Lebanese free improvisation scene. In 2005 he launches Al Maslakh, the first label for this music in the region. He also produced alternative and experimental rock music from Lebanon.
www.kerbaj.com

 

 

 

Jan Kopp

 

Jan Kopp lebt und arbeitet als freischaffender Komponist, Musikdenker und Musikvermittler in Stuttgart.
www.jan-kopp.de

 

 

 

Jörg Scheller

 

Jörg Scheller lebt als Kunstwissenschaftler, Journalist und Musiker in Bern. Er wurde mit einer Dissertation über Arnold Schwarzenegger 2011 promoviert und 2012 auf eine Dozentur für Kunstgeschichte an der Zürcher Hochschule der Künste berufen. 2013 kuratierte er den Salon Suisse auf der 55. Kunstbiennale von Venedig. Nebenbei ist er Sänger und Bassist des Metal-Duos Malmzeit und freier Autor.
www.joergscheller.de

 

 

 

Philipp Stangl

 

Philipp Ludwig Stangl war 2007-2012 als Komponist und Videokünstler Ensemblemitglied am Stadttheater Bern und unterrichtete zudem als Lehrbeauftragter an der Folkwang Universität der Künste Essen. Zu seinen Kompositionen und Videos zählen neben seinen Arbeiten für die Bühne, für Modernen Tanz und für Kammerensembles, intermediales Musiktheater sowie audiovisuelle Installationen. Seit 2012 ist er Professor für „künstlerische Medienpraxis/audiovisuelle Gestaltung“ an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Mannheim.

 

 

 

Philip Zoubek

 

Philip Zoubek studierte Jazz-Klavier an der Universität Wien und an der Hochschule für Musik Köln. Als Pianist und Komponist bewegt sich Philip Zoubek im Grenzbereich zwischen Jazz, neuer Musik, Elektronik, freier Improvisation und interdisziplinären Projekten. Er hat sich unter anderem mit verschiedenen Präparations- und Inside-piano-Techniken auseinandergesetzt und ist dabei auf eine eigne Klangsprache gestoßen.

 

 

 

 

Lund

 

Cornelia Lund ist Kunst- und Medienwissenschaftlerin sowie Kuratorin. Sie ist Mitarbeiterin in einem DFG-Projekt zum Dokumentarfilm (Universität Hamburg) und lehrt Designtheorie an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg und Designforschung an der FH Vorarlberg Dornbirn.

 

Holger Lund arbeitet als Kunst- und Designwissenschaftler sowie als Kurator und DJ. Er ist seit 2011 Professor für Mediendesign (DHBW Ravensburg), betreibt das Vinyl-Label Global Pop First Wave und forscht über das Verhältnis von Musik und Gesellschaft in der Türkei.
Zusammen leiten sie seit 2004 die Medienkunstplattform fluctuating images e.V. (Berlin). Gemeinsam Herausgeber von Audio.Visual – On Visual Music and Related Media, Stuttgart 2009 (Arnoldsche) und Design der Zukunft, Stuttgart 2014 (avedition).
www.fluctuating-images.de

 


 

Über die Filme:

 

Ghana is the future

Ghana is the Future – XL Teaser (Film, ca. 30 Min., Englisch mit dt. Untertiteln), 2014

 

Der Film ist Teil des kommenden Film- und Multimedia-Projektes «Sound Translations» von Peter Guyer (Recycled TV AG) und Thomas Burkhalter (Norient).
Die beiden ghanaischen Rapper Wanlov the Kubolor und M3nsa – zusammen FOKN Bois – sammeln mit ihrem Track „Help America“ Gelder für die USA auf den Straßen von Accra. Die Regisseure filmen die Rapper und diskutieren in Ghana, wie weit ihre Sammelaktion bloß Spaß und Provokation ist, oder wieweit sie einen ernsthaften Blick in die Gegenwart und Zukunft bietet – so wie es der ghanaische Produzent Panji Anoff ausrückt: „Afrika ist auf dem Weg nach oben. Die USA sind auf dem Weg nach unten.“ Der XL-Teaser (gefilmt in 6 Drehtagen in Accra) zeigt, wie das Rapper-Duo FOKN Bois mit und gegen schnelle wachsende Märkte in Ghana konkurriert: mit den omnipräsenten Neukirchen wie der „Alive Chapel International“ oder mit aufstrebenden Mobil-Phone-Firmen wie „Glo Mobile“. FOKN Bois kommentieren diese neuen Märkte mit Humor und Parodie und erreicht mit ihrer Botschaft lokales und internationales Publikum.

 


 

Electro Chaabi

Electro Chaabi (Film, ca. 75 Min., Arabisch mit engl. Untertiteln), 2013 Regie: Hind Meddeb

 

In the margins of the cultural revolution that swept over Egypt, young people from the slums invented an electrifying version of Arab hip-hop. Depicting youth culture at its liveliest, the filmmaker also subtly questions their machismo and blind ambition. 
Mahraganat is a style of electro developed in El Salam City, a poor neighbourhood in Cairo. During the revolution that started in January 2013, this part of the city was razed by the government. However, the revolution brought freedom of speech, which young musicians immediately grasped to play their fast beats. Inspired by the down-and-dirty music played at street parties and weddings, this new populist dance form combines a punk spirit with a hip hop attitude set against a furious cascade of drums, bass and electronic vocals. They want to have their world expressed in lyrics about shot-up homes, brothers who became cops and soldiers and have to face off, about parties that have to be held. Whether happy or sad, Mahraganat makes the masses dance. Journalist and documentary maker Hind Meddeb filmed artists such as Sadat, Oka & Ortega, Weza, Fig, Chipsy and Amra Haha on their route past freedom, values, ideals and dreams. Unlike anything you’ve seen (or heard) before.

 


 

Zum Vortrag:

 

ZebraKatz

Zebra Katz & Njena Reddd Foxx, Ima Read, 2013 Regie: Ruben Sznajderman

 

Toward a New Love – Gender Shifting in Contemporary Music Video
Cornelia Lund (Universität Hamburg) und Holger Lund (Duale Hochschule Baden-Württemberg Ravensburg)

„The genre of music video has been a laboratory“ stellte Lev Manovich 1995 fest. In der Tat ist das Musikvideo auch weiterhin ein Laboratorium, speziell mit Blick auf soziale Veränderungen in Gesellschaften.
Bist Du ein Mann, bist Du eine Frau? Diese Polaritäten erscheinen hinfällig, wenn es um die Idee des Performens von Geschlechterrollen geht. Die Gendertheorie (insbesondere Judith Butler) hat uns klar gemacht: Gender als Geschlechterrollen sind eine soziale Konstruktion und keinesfalls determiniert seitens der Natur. Die zeitgenössische Medizin hat uns klar gemacht: das biologische Geschlecht ist optional, ist wählbar, und wiederum keinesfalls determiniert seitens der Natur. Dies alles eröffnet neue Wege, ermutigt Menschen, ihre eigene Geschlechtsidentität zu überdenken oder sich sogar neue auszudenken und auszuwählen. So wie das biologische Geschlecht veränderbar erscheint, so erscheinen auch Geschlechterrollen veränderbar, und zwar gemäß Wille und Verlangen.
Neue Formen der Liebe und neue Geschlechterrollen werden unter anderem im Musikvideo verhandelt, fast schon wie um dort ihre Akzeptanz zu testen. Jedoch: sind die auftretenden Emotionen der Liebe tatsächlich spontan und ungeregelt oder nicht doch vielmehr historisch und sozial von bestimmten Codes geprägt?
Der Vortrag zeigt anhand gegenwärtiger Beispiele – von Mykki Blanco, Goldfrapp, Planningtorock, The Knife, FKA twigs, Zebra Katz und anderen – wie Geschlechterrollen sich verändern und wie das mit musikalischen Entwicklungen wie Juke, Trap und Global Bass aber auch konventionelleren Stilen zusammenhängt. Daher schlagen wir vor, einen Blick auf beide Seiten zu werfen, wie sehen neue Formen der Liebe und neue Geschlechterrollen aus und wie klingen sie? Und wie ist all dies mit sozialen Veränderungen in Gesellschaften verbunden?

 


 

Zu MAP/P

 

Mazen Kerbaj (Beirut) – Sound Creation
Philip Zoubek (Köln) – Sound Creation
Philipp Ludwig Stangl (Mannheim) – Sound Design

 

Dass jede Farbe
irgendwo sei
und alles bedeute

 

Dass irgendwo
irgend etwas sei
und irgendeine Farbe habe

 

Dass irgendwas
irgendeine Farbe habe
und irgendwo sei

 

(Jasper Johns)

 

MAP/Places entwirft musikalische Topographien, kartographiert akustische Orte, entwickelt Klangräume, überschreibt Assoziationen.
 MAP/P ist realtime composing, fixed media, augmented audio.

 

Zur Veranstaltung erscheint die Publikation „The New People. Musik als Seismograph“.
Download als *.pdf

 


 

Gefördert von der Landesregierung Baden-Württemberg, dem Innovationsrat Baden-Württemberg und dem Kreativitäts- und Innovationsring Baden-Württemberg. Mit Unterstützung der Akademie Schloss Solitude und der Landesbank Baden-Württemberg.

 

Ministerium

 

Musikhochschule Mannheim

 

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