Der Habitus als ein System verinnerlichter Muster prägt die Art und Weise des Handels in einem bestimmten Zeitraum. Dieses Handeln wiederum zeigt sich im Konkreten – in den Artefakten, mit denen der Mensch seine Umgebung gestaltet. Auch die sprachliche Verwandtschaft verweist auf diesen Zusammenhang: das lateinische Habitus (Gehaben, von lat. habere = haben) findet sich beispielsweise im italienischen abito (Kleid, Kleidung) und abitare (wohnen, leben in …) wieder.

Ebenso wie gesellschaftliche Entwicklung das Design beeinflusst, kann auch Design – verstanden als ‚aktives Handeln‘ – gesellschaftliche Auswirkungen haben. Der Vortrag wird der Frage nachgehen, wie dieses Handeln in der Gegenwart einer linear gedachten Zukunft alternative Szenarien entgegensetzen kann. Dabei wird das Potential der Disziplin deutlich, wenn diese sich als Schnittstelle und Experimentierfeld zwischen Wissenschaft, Industrie und Gesellschaft bewegt.

Anhand verschiedener Ausstellungsprojekte werden europäische und globale Entwicklungen sowie Arbeiten einer jungen Generation von Designerinnen und Designer vorgestellt, die ihre Disziplin als einen erweiterten Handlungsraum verstehen, um überraschende, spekulative oder provokative Antworten auf die globalen Herausforderungen unserer Zeit zu geben.

Alexandra Weigand studierte Design und Kunstgeschichte und arbeitet als Kuratorin/Dozentin/Autorin disziplinenübergreifend. Schwerpunkt ihrer designtheoretischen Auseinandersetzung ist die Frage, auf welche Art und Weise die Formensprache der angewandten und bildenden Künste gesellschaftliche Entwicklungen widerspiegelt. Damit beschäftigen sich ihre Ausstellungs- und Veranstaltungsreihen sowie Veröffentlichungen, beispielsweise Virtuelle Ästhetik (Publikation, 2008), Parametralen (Panel, 2009), Collage/n (Ausstellungsreihe, 2010), Habitus, Abito, Abitare – Handeln in der Gegenwart (Vortragsreihe, 2012 und 2013) oder New.Design.Culture? (Panel, 2015). Für bayern design kuratierte sie im Rahmen der MCBW 2014 und 2015 die Ausstellungen HIT THE FUTURE_ Design beyond the borders und HIT THE FUTURE_Metropolitan Design. Seit 2015 ist sie Vorstandsmitglied im Kunstraum München e.V.

Derzeit entwickelt sie für das DLR (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt) sensorische Textilien im Bereich Robotik. Am Institut für Kunstgeschichte der LMU München arbeitet sie an der Weiterentwicklung der Ausstellung Flow of Forms/Forms of Flow. Designgeschichten zwischen Afrika und Europa, die im Feb./März 2017 in München stattfand und im Frühjahr 2018 in Hamburg zu sehen sein wird. Zudem ist sie Senior Researcher im DFG-Forschungsprojekt Fashion and Styles in African Cities. Sie lebt und arbeitet in München.