Wie viele andere Länder auch, wurde die Türkei von der ersten globalen Welle anglo-amerikanischer Pop-Rock-Musik in den späten 1950er und frühen 1960er Jahren getroffen. Pop-Rock-Musik in ihren unterschiedlichen Spielarten wurde in der Türkei aufgenommen, jedoch weniger schlicht kopiert sondern vielmehr produktiv in zahlreiche verschiedene Hybride aus diversen lokalen und globalen, anglo-amerikanischen Elementen überführt. Die besondere Qualität dieser Hybride scheint begründet in der besonderen Situation des musikalischen Feldes in der Türkei. Es zeichnet sich von jenem anderer Ländern durch eine höhere und spannungsreichere Komplexität aus sowie durch eigenständigere musikalische Lösungen. Das liegt nicht zuletzt an den diversen Akteuren auf dem Feld, die sich auf unterschiedliche Weise und – recht erstaunlich – über soziologische Grenzen hinweg zusammentaten, um musikalische Hybride oder sogar Mehrfach-Hybride in unerwarteten Kombinationen und mit überraschenden Wendungen zu bilden.
Der Vortrag untersucht mithilfe von Musikbeispielen die Akteure auf diesem Feld, zu welchen, neben anglo-amerikanischer Pop-Rock-Musik und anatolischer Folk-Musik, die Hybridformen Arabesk, Anatolian Rock und Belly Dance-Musik gehören. Die Hybridformen adressieren jeweils recht unterschiedliche Zielgruppen, dennoch ist es zu Kombinationen zwischen ihnen gekommen. Die Kernfrage lautet: Wieso konnte es zu solchen paradoxen stil- und milieuübergreifenden Hybridallianzen kommen? Wieso konnte musik-soziologisch Unvereinbares im tatsächlichen Musikgeschehen vereint, kombiniert und hybridisiert werden? Die Beantwortung dieser Fragen führen zum Verhältnis von Stil(en) und Gesellschaft.

Vgl. auch: https://www.researchgate.net/publication/333549043_Stil_und_Gesellschaft_-_eine_Untersuchung_des_musik-soziologischen_Feldes_turkischer_Pop-Rock-Musik_der_1960er_und_1970er