Der Vortrag zeigt, wie dd (2013) das Sampling und seine rechtliche Situation auf provokative Weise in Frage stellt. Lektion III ist ein “Gobal Village”-Geisterorchester, das Samples aus verschiedenen Zeiten und Räumen einsetzt und dabei akustische Konzeptkunst erstellt. Mit der ersten Enclosure-Bewegung im 17. Jahrhundert wurden materielle Gemeingüter privatisiert. Die zweite Einschließungsbewegung im 18. Jahrhundert betraf immaterielles, geistiges Eigentum, beginnend mit den Ideen des Malers und Graphiker William Hogarth über Autorenschaft und Urheberrecht.
Mit Duchamps Ready-Made und der Idee der Collage im Dadaismus und Surrealismus wandelte sich der Autor von einem Schöpfer zu einer “personnalité du choix” (Louis Aragon), und man kann hinzufügen: zu einer “personnalité de la combinaison”. Um diese Idee herum entwickelte sich eine ganze Reihe neuer Praktiken in verschiedenen Medien und unterschiedlichen Genres. Nach den dadaistischen und surrealistischen Bewegungen änderten sich die Vorstellungen von Originalität und Autorschaft, doch die Frage bleibt: Wie dürfen wir mit der Vergangenheit und ihren kulturellen Artefakten umgehen? Die jüngste vom FBI veranlasste Abschaltung von Tauschbörsen im Internet und Samplingkosten von bis zu 141.666,00 Dollar pro gesampelter Sekunde haben deutlich gemacht: Technisch kann man mit jedem Sampler machen, was man will, einfach und billig, aber es zu tun, zu veröffentlichen und zu verbreiten, ist vielleicht nicht immer die beste Idee.
Der freie musikalische Ausdruck ist zu einer Schwarzmarktpraxis geworden, was zu der Situation führt, mit der sich das dänische Produzenten/DJ-Duo Den Sorte Skole in ihrem Album Lektion III auseinandersetzt. Sie haben ein Archiv von 10.000 Samples aufgebaut und für ihr Album mehr als 250 Samples aus 51 verschiedenen Ländern und sechs Kontinenten zusammengetragen. Sie mischten Klänge und Sequenzen aus der ganzen Welt und aus verschiedenen Zeiten und schufen mit diesen Samples etwas völlig Neues. Außerdem liegt der inoffiziellen “Veröffentlichung” ein Booklet bei, in dem sehr detailliert erklärt wird, welche Samples von welchen Platten verwendet wurden. Keines der Samples wurde freigegeben. So wird das Projekt auch zu einer Stellungnahme zu Urheberrechtsfragen und zu einem Versuch, die Diskussion darüber voranzutreiben, wie wir mit unserer Vergangenheit – unseren Archiven, unserem kreativen Material – umgehen. Den Sorte Skole schlägt neue Regeln für das Sampling vor, um den Schwarzmarkt in einen legalen Markt zu verwandeln: Sie denken, dass “Sampling legal sein sollte, aber […] man sollte registrieren, was man getan hat, und ein System für die Verteilung der Einnahmen haben.” Tatsächlich betrachten sie Lektion III als “eine echte Grauzone”. Sie argumentieren: “Wir haben eine einzigartige Komposition in einem solchen Ausmaß geschaffen, dass wir unter die “Fair Use”-Umwandlungsregel des amerikanischen Urheberrechts fallen würden […].”