Zwischen zwei Ausstellungen, während der Umbauphase, öffnet das Kunstmuseum seine Türen und lädt ein zur neuen Reihe UNDER CONSTRUCTION. Präsentiert werden jeweils ein Film mit Musikbezug mit anschließendem DJ-Set. Im Fokus der Reihe stehen experimentellere Filmformate jenseits des dominanten, west-zentrierten Kinoblicks und Musikmainstreams. Ziel der Reihe ist eine Stärkung der Film- und Musikkultur in Ravensburg und Region aus einer Kunstkinoperspektive.
Vor der Filmpräsentation erfolgt eine Einführung durch die Filmwissenschaftlerin Dr. Cornelia Lund (fluctuating images, Berlin), im Anschluss nimmt das DJ-Set von DJ Jaywalk (aka Prof. Dr. Holger Lund, Global Pop First Wave, Berlin) und Martin Georgi (Seismographic Records, Stuttgart) den Film als Ausgangspunkt für eine musikalische Reise in die entsprechende Musikkulturen.

Als zweiten Film zeigt die Reihe Electro Chaabi (Regie: Hind Meddeb; FR/EG 2017), einen Dokumentarfilm über den Aufstieg der elektrifizierten Version arabischen Hip-Hops in den Mainstream der ägyptischen Musik im Zuge des „arabischen Frühlings“. Der Musikstil befeuert nicht nur Partys und Karrieren der Jugendlichen aus informellen Siedlungen in Kairo, die Lyrics transportieren auch ihre Kritik an der politischen Situation. Der Film von Hind Meddeb zeigt diese Jugendkultur in ihrer lebendigsten Form und hinterfragt zugleich auf subtile Weise ihren Machismo und blinden Ehrgeiz.
Das DJ-Set sondiert die zur Musik des Filmes gehörende arabische und neo-arabische Musicscape. Anknüpfungspunkte sind einerseits historische Jugendmusiken auf ägyptischen Diskokassetten oder algerische Pop-Psychedelic der 1970er-Jahre, aber auch aktueller maghrebinischer Electro-Folk.

Als dritter Film der Reihe am 27.06.2024 ist PICÓ: Un parlante de África in América (Picó: Ein Sprecher Afrikas in Amerika; Regie: Invernomuto, Jim C. Nedd; COL 2017) vorgesehen. Der Dokumentarfilm untersucht die Tradition der Picós, üppig dekorierter Soundsysteme, die Restaurants, Bars und Straßenfeste in den afrokolumbianischen Hafenstädten Barranquilla und Cartagena beschallen.

Zur Dokumentation für die Veranstaltung zum ersten Film der Reihe, Neptune Frost, vgl: https://www.kunstmuseum-ravensburg.de/km/Digital-2.php

Kuratiert von Cornelia Lund und Holger Lund. Ermöglicht durch: MFG Baden-Württemberg, LFK – Die Medienanstalt für Baden- Württemberg, Wolfram Stiftung.

Dr. Cornelia Lund ist Kunst-, Film- und Medienwissenschaftlerin und Kuratorin und lebt in Berlin. Sie forscht und lehrt seit Jahren zu dokumentarischen Filmformen, audiovisuellen künstlerischen Praktiken, Designtheorie, sowie de- und postkolonialen Theorien (u.a. an der HU Berlin, HfK Bremen, PUC São Paulo). Seit 2004 ist sie Ko-Direktorin von fluctuating images, einer unabhängigen Plattform für Medienkunst, Design und Musik (www.fluctuating-images.de). 2012 bis 2018 wiss. Mitarbeiterin in einem DFG-Projekt zur „Geschichte des deutschen Dokumentarfilms 1945–2005“ (Universität Hamburg). 2022 Research Fellow an der University of Windsor (ON), und derzeit Research Fellow an der HfK Bremen. Sie hat zahlreiche Screenings und Ausstellungen kuratiert und mitgestaltet, jüngste Beispiele sind Connecting Afro Futures. Fashion x Hair x Design (Kunstgewerbemuseum Berlin, 2019), Disrupt Dismantle Desire (Sinema Transtopia, Berlin, 2021), Laboratoire Kontempo Kinshasa-Berlin (2021/2022).

Prof. Dr. Holger Lund arbeitet als Kunst-, Design- und Musikwissenschaftler sowie als Kurator und DJ. 2008-2011 vertrat er die Professur für Theorien der Gestaltung an der Hochschule Pforzheim, seit Ende 2011 hat er die Professur für Mediendesign, Angewandte Kunst- und Designwissenschaften an der DHBW Ravensburg inne. Seit 2004 ist er Ko-Direktor von fluctuating images, einer unabhängigen Plattform für Medienkunst, Design und Musik (www.fluctuating-images.de). Er betreibt das pop-historische Musiklabel Global Pop First Wave, mit einem Schwerpunkt auf türkischer und non-westlicher Pop-Musik der 1960er und 1970er Jahre. Er ist Ko-Kompilator der Bosporus Bridges-Reihe von Black Pearl Records und Ko-Kompilator bei Seismographic Records.

Der DJ und Produzent Martin Georgi, führt das Label Seismographic Records, das sich mit musikalischen Neu- und Wiederentdeckungen rund um den Globus auseinandersetzt. Dabei liegt der Fokus auf Klängen, die einer westlichen Hörerschaft, bedingt durch Grenzen auf vielen Ebenen, meist unerreicht bleiben. Als Sohn englisch-singhalesischer Einwanderer möchte er durch seine Label-Arbeit einen Zugang zu neuen Musikströmungen schaffen, welche die der westlichen Pophistorie dezentrieren.